Im Volksmund wird die Außerfernbahn von vielen Einheimischen entlang der Bahn gerne als „Geisterzug“ bezeichnet, da leider allzuoft nahezu leer. Für die meisten Bewohner von Pflach ist es dafür umso ärgerlicher, dass der „Geisterzug“ so viele Pfeiflaute abgibt, wenn er durch die Ortschaft fährt. Das hat aber nichts mit der Auslastung an Fahrgästen zu tun oder dass die Lokführer Freude daran hätten, sondern wegen der vielen ungesicherten Bahnübergänge in Pflach.
Ab dem Gasthaus „Bärenfalle“ bis zum Ortsende Richtung Reutte sind es insgesamt zehn solcher Pfeifplätze. Diese Pfeifsignale müssen aus Sicherheitsgründen abgegeben werden (drei pro Übergang), da keiner der Bahnübergänge mittels Schrankenanlage gesichert ist. Der Vollständigkeithalber muss erwähnt werden, dass der Übergang nahe dem GH „Bärenfalle“ bereits aufgelassen ist, ebenso jener bei der Ulrichskirche (Hüttenbichl), hier sind die Zufahrten bereits vor einigen Jahren abgetragen worden. „Aber diese beiden Übergänge zählen in der Gesamtberechnung noch aktiv mit, ebenso der Fußgängerübergang beim Königsweg am Ortsrand von Pflach, wie Hubert Gruber, Listenführer von „Gemeinsam für die Zukunft“ und Gemeindevorstand in Pflach gegenüber pressefoto-reutte darlegt.
Seiner Ansicht nach hätte bereits seit Jahren etwas Konkretes auf die Beine gestellt werden müssen. „Wir als Liste haben bereits im Mai 2016 bei der Gemeinderatsitzung einen Antrag eingebracht, dass zumindest beim Kniepassübergang und dem Siedlungsgebiet entsprechende Signalanlagen angebracht werden. In weiterer Folge haben wir immer wieder darauf hingewiesen, dass die weiteren Bahnübergänge bis auf die Hinweistafeln komplett ungesichert sind. Doch es wurden Projekte wie die Kindergartenerweiterung und die Schulrenovierung – die durchaus nötig waren, vorgezogen und auch der neue Dorfplatz errichtet – der hätte durchaus Zeit gehabt für später. Doch im Bereich Bahnübergangssicherheit wurde so gut wie nichts getan, alles nur unnötig in die Länge gezogen“ so Gemeindevorstand Gruber eher verärgert über die diesbezügliche Untätigkeit in der Gemeindestube.
Langzeitbürgermeister Helmut Schönherr sieht dies naturgemäß von einer anderen Warte aus und meint im Gespräch mit pressefoto-reutte: „Das aktuelle Konzept, wie es mit der Sicherheit der Bahnübergänge in Pflach sein sollte, liegt bereits seit 2018 fertig am Tisch. Verzögerungen entstehen durch Besprechungen, fruchtlosen Diskussionen, durch Verhandlungen und vor allem die Widerstände Einzelner, die manchmal wegen ein paar Quadratmeter Grund alles blockieren. Hier entstehen sofort enorme Zeitfenster. Und die Leute meinen dann immer, wir, also die Gemeinde, tun nichts.“, so Bgm. Schönherr.
Er verweist auf eine Planung, die bereits 2008 den Bereich Kniepassstraße vom starken Durchzugsverkehr hätte entlasten können: „Damals war angedacht, die Kniepassstraße ab der B179-Brücke ganz nah am Lech entlang zu führen, unter dem Bahngleis hindurch auf die Landesstraße L69. Doch wurde dies von einem direkten Anwohner erfolgreich verhindert. Dadurch wäre allen viel Verkehr erspart geblieben. Dieses Projekt noch einmal so aufzunehmen ist heutzutage aber praktisch ein Ding der Unmöglichkeit“. Seine Vizebürgermeisterin Reinhild Astl ergänzt: „Die Befindlichkeiten mancher Bürger spielen da eine sehr große Rolle. Da geht es überhaupt nicht mehr um irgendeine Art von Gemeinwohl, sondern nur um kleine, persönliche Vorteile im Alltagsleben.“
Dennoch sind die beiden Gemeindechefs zuversichtlich, dass sich nun mit dem baldigen Beginn der Bahnübergangsrückbauten manches beruhigen wird. „Wir haben eine Lösung laut dem Konzept, und so wird es auch durchgeführt werden. Es ist eine akzeptable Lösung, denn mangels Alternativen gibt es einfach keine bessere“, so die Vizebürgermeisterin.
Wie sieht das Konzept aus? Laut Gemeindevorstand Hubert Gruber werden immer drei Übergänge zusammenfassend gesehen. Die Übergänge „Wildfütterung“ nahe der „Bärenfalle“, Übergang „Pfannerstube“ (beim Kreisverkehr) und der Übergang in Unterletzen beim ehemaligen Gasthaus „Lechbrugg“ (dieser brannte am 1. Aug. 2009 ab), werden zum Übergang „Pfannerstube“ zusammengefasst. „Lechbrugg“ wird geschlossen, „Wildfütterung“ ist bereits geschlossen. „Laut den ÖBB ist ein Umweg von bis zu zwei Kilometern zumutbar“, so Hubert Gruber.
Die Übergänge „Kniepasstraße“, Innerwandsiedlung (Zufahrt von der Kirche „Heilige Drei Könige“) und Übergang „Schwanen“ beim Bahnhof sehen folgender Zukunft entgegen: sie werden mit einer Schrankenanlage versehen, wobei der Übergang „Schwanen“ eine Einbahnregelung erfahren wird – von der Hauptstraße reinfahren, raus geht es dann nur über den Kirchenweg. Der Kniepassübergang bleibt wie er ist, aber eben beschrankt.
Die Übergänge „Insam“ (Wirtschaftsweg am Ortsende nahe Gasthof „Alpenblick“), der „Säulinghaus-Übergang“, Hüttenbichl (ist bereits komplett deaktiviert) und der Übergang „Königsweg“ am Ortsschild (ist seit einigen Jahren als gut gesicherter Fußgängerübergang vorhanden) werden praktisch neu konzipiert. Der vielfrequentierte Übergang zum Säulinghaus-Parkplatz muss komplett aufgelassen werden, da er den Gesetzesvorschriften, an denen sich die ÖBB orientiert, keinesfalls entspricht. „Zwischen Straße und Bahn müssen 20 Meter Platz sein“, so Bgm. Schönherr, „und das ist hier nicht möglich.“
Eine Ampelanlage, die den Verkehr auf der Landesstraße stoppt, wenn ein Zug kommt, wurde zwar auch angedacht, aber als absolut undurchführbar wieder verworfen. „Man stelle sich vor, der Verkehr auf der Hauptstraße wird alle halbe Stunde angehalten, für einen Zug, der fast leer ist und für eine Schrankenanlage von einer Nebenstraße, an der kein Auto oder Landwirtschaftsfahrzeug steht.“, sehen Schönherr und Astl das sogar humorvoll, aber dennoch realistisch als inakzeptabel.
Deshalb ist die Lösung, dass der Übergang „Säulinghaus“ weg kommt und statt dessen ein Wirtschaftsweg entlang der Bahnlinie bis zu den nahegelegenen Brücken von Straße und Bahn am Archbach (Richtung Reutte). In Richtung Pflach soll ebenfalls ein Weg für die landwirtschaftlichen Fahrzeug angelegt werden, da der Übergang „Insam“ ebenfalls wegkommt. Hierfür sind aber noch Grundverhandlungen im Gange.
Einer der Anwohner und Grundeigentümer ist Karl Grund. Er meinte pressefoto-reutte gegenüber, dass diese Lösung mit dem Umweg auch nicht das Optimale sei, denn die Durchfahrt bei den beiden Brücken ist für größere landwirtschaftliche Fahrzeuge zu tief und zu verwinkelt. Auch müssen dann alle Traktoren durch den Ort fahren, die zum Säulingweg hin müssen. Mit der Grundstücksabwicklung ist er auch nicht zufrieden. „Ich will für meinen Grund hier kein Geld erhalten, ich möchte einen Grundtausch haben. Die Eineurosechzig für den Quadratmeter sind da gar nichts“, so Karl Grund, unmittelbarer Anwohner am Übergang „Säulinghaus“.
Für die vielen Tagesausflügler und Wanderer, die den Weg zum Säulinghaus-Parkplatz dann nicht mehr von der Hauptstraße aus erreichen können, hat die Gemeindeführung und das Konzept folgende Lösung parat: Entweder ab Zufahrt „Schwanen“ den Weg entlang bis zur B179-Unterführung und dann den Schotterweg entlang der Fernpasstraße zum Säulinghaus-Parkplatz, oder gleich vom Kniepass kommend, bei einem der Durchgänge unter der B179 auf den Schotterweg fahren. Zurück ginge es ebenso. „Für die Tagesausflügler, die aus dem Allgäu kommen ist das praktisch kein Umweg“, so der Bürgermeister
Es wird sich also noch einiges tun in Pflach, der Zug noch viele Male laut und unüberhörbar pfeifen, bis die Bahnübergänge so gesichert sind, dass der Zug schneller durchfahren kann/darf und die an jedem Bahnübergang angebrachten Hinweistafeln „Auf Pfeifton achten“ abmontiert werden können. Da jede Schrankenanlage laut ÖBB um die 400.000 Euro kosten, ist das natürlich auch ein finanzieller Aspekt. „Auf die Gemeinde kommen aber ebenfalls Kosten zu. Zum Beispiel für die Zubringerwege, Instandhaltungskosten und vieles mehr“, weiß Gemeindevorstand Hubert Gruber abschließend zu berichten.
Die Außerfernbahn ist übrigens vom 1. bis 16. September wegen Bauarbeiten gesperrt. Da kehrt wohl (vorübergehende) Ruhe in Sachen Bahnübergänge ein – zumindest was die Pfeifsignale der Züge anbelangt
Kürzlich (am 9. August) geschah ein Verkehrsunfall mit Bahn und PKW beim Kniepassübergang:
https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=345322713802381&id=105759701092018
Übrigens: Wer meint, dass pfeifende Züge nur in Pflach ein Problem darstellen, der kann gern diese Stichworte bei Google eingeben. Viele Orte in Österreich beklagen dieses „Symptom“.
Und – wer die Züge gerne pfeifen hört: Hier eine kurze Videoaufnahme davon: https://www.facebook.com/105759701092018/videos/4608018409250283/
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