Nesselwängle/Grän: HALDENSEESTRASSE AB NUN LAWINENSICHER (Sa. 22.10.2022)

Nach Jahrzehnten der ständigen Bedrohung, konnte nun der Lawinenbereich zwischen Haller und Haldensee im Tannheimertal bestmöglich gesichert werden. Regelmässig – wenn auch schwer vorhersehbar – rutschte bei stärkerem Schneefall eine Lawine zwischen die Bäume des steilen Berghanges am Ortsrand von Haller (Gemeinde Nesselwängle) auf die Tannheimertalstraße B199 und verlegte diese auf mehrere Meter und immer mehrere Meter hoch. Die Sperrung der Hauptstraße für manchmal einige Tage war die Folge, das Tal konnte nur über Deutschland erreicht werden, Nesselwängle nur über den Gaichtpass.

Bislang kamen nie Menschen zu Schaden; sogar als Mitte der 1960iger das Auto einer jungen Einheimischen von der Lawine erfasst und komplett demoliert wurde, kam die junge Frau mit dem Schrecken davon. Dieses Damoklesschwert („Wir haben bisher stets Glück gehabt!“) wurde nun von den Häuptern der Verantwortlichen der Lawinenkommission Nesselwängle genommen.

Seit einigen Wochen ist ein stabiler, 190 Meter langer Lawinen- und Steinschlagschutz fertig gestellt. Vor wenigen Tagen (20.Okt. 2022) wurde das beachtliche Bauwerk von den Mitgliedern der Lawinenkommission Nesselwängle und den Bauverantwortlichen begutachtet.

Christian Ihrenberger, Gebietsleiter der Wildbach- und Lawinenverbauung Außerfern zu pressefoto-reutte: „Es ist ein entsprechendes Steinschlagschutznetz, das speziell auf die Lawinenlasten adaptiert worden ist. Es ist ausgelegt auf eine Belastung von drei Tonnen pro Quadratmeter. Es hält Schnee zurück, Steine und Bäume. Im Prinzip kann alles, auch Muren, kommen, das Netz hält alles aus.“ Das 190 Meter lange Schutznetz ist mit Bodenankern zwischen sieben und elf Metern in die Tiefe mit dem Waldboden verbunden und zusätzlich mit einer flexiblen Höhenabspannung gesichert. Diese ist wegen der Durchfahrtmöglichkeit für Holztransporte mit 3,5 Metern höher angesetzt als ansonsten üblich.

Wolfgang Haas, Leiter des Baubezirksamtes Reutte, das auch die Beauftragung und Finanzierung dieses wichtigen Schutzwerkes übernommen hat: „Hier eine passende Sicherung zu errichten, ist schon länger ein konkretes Thema. Bereits 2005 gab es erste Vorarbeiten mit Lawinengittern. Ein Gesamtprojekt wurde zwar verhandelt, aber nie umgesetzt. Dazwischen ist die geplante Umfahrung Haller/Haldensee gekommen, wo man den Lawinenschutz oberhalb der beabsichtigten Umfahrung gebaut hätte. Das Projekt Umfahrung hat sich aber auf unbestimmte Zeit verschoben und da in den letzten Wintern zwei, dreimal sehr große Schneerutschungen waren, musste nun gehandelt werden. Man hat den bestehenden Wanderweg hergenommen, darauf einen entsprechend breiten Weg errichtet und einen 190 Meter langen Lawinen- und Steinschlagschutz errichtet.“

Jahrzehnte genügte der stabile Wald als Schutz, 2005 wurden stählerne Lawinenschutzverbauungen als erste konkrete Maßnahme errichtet; zusätzlich zu den hoch abgeschnittenen Baumstümpfen, hinter denen große Baumstämme quer gelegt wurden und somit Steine und Schnee zurückgehalten werden konnte. Diese Holzbarrieren sind aber mittlerweile vermorscht, der Wald ist lichter geworden. 2012 wurden zusätzlich Stahlverbauungen in der Rinne oberhalb des Hotel Via-Salina errichtet, als damals mit einer Lawine ein Baum bis auf den Parkplatz des Hotels rauschte. Auch da gab es zum Glück keine nennenswerten Schäden.

Christian Ihrenberger: „Das hier ist kein klassischer Lawinenstrich. Wir können bei jeder Schneelage an beliebiger Stelle einen Lawinenabgang haben. Es ist spezieller Schnee da oben, denn normalerweise kommt aus einem geschlossen Waldbestand keine Lawine heraus. Aber hier ist die Situation besonders: von der Neigung, vom Schneefall und der Besonnung, so dass sich eigentümliche Schneearten herausbilden, die fahren regelrecht um die Bäume herum. Der Schnee rinnt, wie wenn man einen Sack Grieß ausschütten würde.“, so Ihrenberger dieses Phänomen erklärend.

Dem Einwand, dass der bislang beschauliche schmale Wald-Wanderweg oberhalb der Straße – der ursprünglich ohnehin nur der Trasse der ehemaligen Hochspannungsleitung folgte, die mittlerweile als Erdkabel im See-Uferweg vergraben ist – durch die Baumaßnahme zerstört sei, kann entgegengesetzt werden, dass Wanderer nun auf rd. 200 Metern einen schönen breiten Weg haben. Ihrenberger: „Es gab auch die Überlegung, den Schutz oberhalb des Steiges zu legen, aber das wäre zu viel Aufwand gewesen. Für diesen Wanderweg wurde einst ja die Uferpromenade angelegt, diese ist nun durch die Verbauung super geschützt.“ Die Idee dieses Weges ist auch, dass neben der Möglichkeit der geeigneten Holzbringung auch ein ausreichend großes Auffangbecken geschaffen wird, in dem sich der Lawinenschnee sammeln kann. Dieser wird dann beizeiten heraus geräumt, die Tannheimertalstraße somit stets sicher gehalten.

Die Kosten für dieses Projekt, dass heuer im März begonnen wurde und ursprünglich bis Juli hätte fertig sein sollen, betrugen lt. Wolfgang Haas als Auftraggebervertreter rd. 550.000 Euro. „Leider konnte das Projekt nicht zeitgerecht abgeschlossen werden, auch durch die bei Auftragsvergabe unerwarteten Teuerungen, die heuer überall ins Gewicht fallen, wird sich die Endrechnung zwischen sechshundert- und sechshundertfünfzigtausend Euro bewegen.

Für Daniel Müller, Vizebürgermeister von Grän und Mitglied der Lawinenkommission bedeutet diese Verbauung ein enormes Plus für das gesamte Tannheimertal: „Diese Lawinensicherung ist für alle Gemeinden im Tal wichtig, denn am Haldensee müssen alle Pendler vorbei, die zur Arbeit Richtung Reutte fahren. Und natürlich ist das auch gut für den Tourismus. Also ein super Projekt.“

Martin Rief, Vorsitzender der Lawinenkommission Nesselwängle, fällt nun ein ganz großer Stein vom Herzen und er möchte sich auf diesem Weg ganz herzlich bei den Verantwortlichen von Lawinenverbauung und Baubezirksamt – aber auch den ausführenden Arbeitern des Lawinenschutzes – bedanken. „Ich bin sehr froh, dass nun endlich die Straße vor Lawinen und Steinschlag geschützt ist. Vor allem danke ich den Herren Ihrenberger und Haas dafür, dass dies schließlich so rasch umgesetzt worden ist“, so Rief gegenüber pressefoto-reutte.

Link zu Archiv-Beiträgen, von den letzten Lawinenabgängen in Haller: https://www.tt.com/artikel/30774489/lawine-ging-auf-tannheimer-strasse-bei-nesselwaengle-ab?fbclid=IwAR1AHx-y_HIvBWqlR5G85vpZKjQYzhrJCfhSNVUkB2a0ijyZxAxnsdrBMlg

Siehe dort auch den zweiten Artikel zum Thema

Das schreiben die Zeitungen: https://www.tt.com/artikel/30835594/stahlnetz-soll-tannheimer-strasse-auch-vor-lawinen-schuetzen

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